Montag, 29. Juni 2009

Wer ist Jesus?

6. Manforter Predigtreihe 2002 in der Evangelischen Johanneskirche Leverkusen-Manfort, Scharnhorststraße 40
- vom 02. bis 23. Juni 2002 -

16.06.2002 3. Sonntag nach Trinitatis

eg 552, 1-3 + 6 Licht, das in die Welt gekommen
eg 752.3, S. U 82 Psalm 119

Kollektengebet
Lieber himmlischer Vater, wir sind dankbar dafür, dass wir immer wieder aufs Neue vom Wirken und von der Frohen Botschaft deines Sohnes Jesus Christus berichten können.

Am dritten Sonntag der Predigtreihe, in der wir nach dem Auftrag deines Sohnes in der Welt fragen, bitten wir dich:
Sei du bei uns und stärke uns
durch deinen Heiligen Geist,
der du mit dem Sohn lebst
und regierst von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen

Epistel zum 3. Sonntag nach Trinitatis:
l. Tim. 1,12-17

eg 268, 1-5 Strahlen brechen viele aus einem Licht
eg 385, 1-3 Mir nach spricht Christus unser Held
eg 938, S. 1433 Fürbittengebet
eg 136,1 O komm, du Geist der Wahrheit

Predigt

Wer ist Jesus?
Vier Mal hintereinander steht diese Frage als Thema der Gottesdienste im Juni auf dem Plan.
Gilt diese Frage uns - gilt sie anderen?

Herr Theis (9.10.1945 bis 10.2.2002) schlug als Thema für die Predigtreihe in diesem Jahr die „Ich-bin-Worte Jesu im Johannesevangelium" vor und war freudig überrascht zu erleben, dass wir anderen sofort zustimmten.

Ich nenne sie:
02.06. - Ich bin das Brot des Lebens.
Peter Richmann Joh. 6,35

09.06. - Ich bin die Tür. Ich bin der gute Hirte.
Jürgen Berghaus Joh. 10,11, 14+1

16.06. - Ich bin das Licht der Welt.
Helmut Böhme Joh. 8,12
Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben
Joh. 14,6

23.06. - Ich bin die Auferstehung und das Leben
Jürgen Berghaus Joh. 11,25

Wir nehmen also Jesus als Zeugen für seine Identität. Die Kritiker fragen: „Du zeugst in eigener Sache. Wer kann dir da glauben?" Die anderen Evangelisten bezeugen Gottes Wort bei der Taufe Jesu durch Johannes den Täufer: „Dies ist mein lieber Sohn ..." (Mk. 1,15; Mt. 3,17; Lk. 3,22). Für den Evangelisten Johannes ist die Einheit von Vater und Sohn so selbstverständlich, dass der Sohn auch seine eigene Identität bezeugen kann: „Wer mich sieht, der sieht den Vater," sagt Jesus (Joh. 14,9).

Hören wir jetzt noch einmal die Worte Jesu für den heutigen Sonntag:
Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandern in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben. Joh. 8,12
Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater,
denn durch mich. Joh. 14,6

Zunächst: Es geht um Bilder. Wir fragen: Was bedeuten sie?
- Ich bin das Licht der Welt.
Jesus bündelt nicht alles Licht der Welt in sich. Er verkörperte nicht das Licht seiner Zeit - und auch nicht das der Gegenwart mit ihren vielen künstlichen Lichtquellen in der Reklame und anderswo.
Er bringt das Licht der Liebe Gottes in diese Welt hinein - das Licht für diese Welt. In Jesu Leben, Wirken, Leiden und Sterben - ja, auch in Jesu Auferstehung - können wir Gottes Liebe in dieser Welt sehen und spüren. „Licht für diese Welt", das heißt zugleich „Gott wird Mensch in dieser Welt, für diese Welt". Mit dem Lied vor der Predigt haben wir die Wirkung beschrieben, die dieses Licht in der Welt hat. Es überwindet die Nacht - auch in unserem Herzen - und den starren Frost - in unseren Seelen -. Dann brechen Strahlen aus diesem Licht, das Christus ist. Zweige wachsen aus diesem Stamm und vielfältige Gaben werden wirksam, weil wir uns von Gott angenommen und geliebt wissen. Aus den Gaben, die wir haben, entstehen Dienste, für die wir fähig werden - und die ihre Lebenskraft aus dem Geist der Liebe gewinnen. Deshalb ist es wichtig, dass wir diese Dienste auch im Geist der Liebe annehmen. Das gilt für ehrenamtliche Dienste ebenso wie für haupt- und nebenberuflich organisierte Dienste - und für die Vertretungen mancherlei Art: Organisten, Pfarrer, Jugendmitarbeiter und andere mehr.

Jesus fährt dann fort:
Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.
Zur Zeit Jesu glaubten viele Menschen, dass die Welt beherrscht würde vom Kampf der Mächte der Finsternis und der Mächte des Lichts. Im Mittelalter vor allem war ganz eindeutig: Der Herrscher im Reich der Finsternis ist der Satan, der Teufel und der Herrscher im Reich des Lichts ist Jesus Christus.
Mich hat erschreckt, dass bis in dieses 21. Jahrhundert hinein dies Muster von Gut und Böse die Auseinandersetzung zwischen den Menschen und zwischen den Staaten beherrscht. Der amtierende Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika spricht nur aus, was viele Menschen auch heute noch denken: Wir stehen auf der Seite des Lichts und kämpfen gegen die Mächte der Finsternis. Und so kommt es dazu, dass Weltpolitik betrieben wird, um die „Achse des Bösen" zu bekämpfen. Präsident George W. Bush erklärte in seiner diesjährigen „Rede zur Lager der Nation" der „Achse des Bösen" den Krieg und nannte den Irak, den Iran und Nordkorea als Staaten, die diese Achse bilden.
Ich bin im Laufe meines Lebens vorsichtig geworden. Es ist ganz natürlich, dass ein Politiker die Gemütslage seiner Wähler und der Bürger des von ihm vertretenen Staates erkennen muß. Es kommt darauf an, wie er mit dieser Erkenntnis umgeht. Schwierig wird es, wenn er das Schwarz-weiß-Denken, das Denken in Kontrasten auf die Weltpolitik überträgt und damit Politik betreiben will.
Ich habe nur ein Beispiel genannt, das Ihnen wohl allen bekannt ist. Es steht für andere vergleichbare Einstellungen. Für mich ist es wichtig, dass Gut und Böse in uns allen angelegt ist. Christus hat die Liebe Gottes in dieser Welt sichtbar gemacht und zum Strahlen gebracht. Wir, wir Menschen, sind es, die uns immer wieder von ihm entfernen, denn wir sind unvollkommen. Wer sich der Liebe Gottes öffnet, wie es das Lied beschreibt, der wird am Ende das „Licht des Lebens" haben, wie Jesus sagt. Am Ende siegt die Liebe - in diesem Leben - und in dem, das danach kommt, davon hören wir am kommenden Sonntag mehr.

— Schließlich das letzte Wort Jesu für den heutigen Sonntag.
Ich bin der Weg,
die Wahrheit und das Leben;
niemand kommt zum Vater denn durch mich. Joh. 14,6

Jesus hat eben seinen Jünger Petrus angekündigt, dass dieser ihn drei Mal verleugnen wird, obwohl dieser streitbare Jünger sein Leben für Jesus opfern will.
Da beruhigt Jesus die Jünger und erklärt ihnen, er gehe ihnen voraus in seines Vaters Haus mit vielen Wohnungen, um ihre Aufnahme dort vorzubereiten.
Die Jünger sind unruhig. Thomas fragt nach dem Weg den Jesus ihnen vorausgehen will. Jesus antwortet ihm: „Ich bin der Weg ...." - Vorhin hieß es „Wer mir nachfolgt ...". Mir scheint, beides meint annähernd das gleiche: Wer sich der Liebe Gottes öffnet, der findet einen Weg, der zu Gott führt.
„Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben ..." Jesus bezeugt hier, dass er der Weg ist, der durch diese Welt - hinaus führt zum Vater, der uns in Liebe aufnimmt.
Im jüdischen Sinne ist „wahr" ein Mensch, der hält, was er verspricht. Wir kennen ein Weihnachtslied, in dessen dritter Strophe es heißt:
... Wahr Mensch und wahrer Gott,
hilft uns aus allen Leide,
rettet von Sund und Tod,
eg 30,3 Es ist ein Ros entsprungen ....
Ein „wahrer" Mensch ist „treu" und „verläßlich". Im Johannesevangelium kann Wahrheit auch bedeuten: „Freiheit", „Licht" und „Leben". Ich bin die Wahrheit, könnte dann bedeuten: Ich halte, was ich verspreche; ich bin treu; ich mache euch frei.

„Ich bin .... das Leben" Ein Fremder wird uns zugestehen, dass Jesus lebt, dass er gelebt hat „Er ist das Leben", das versteht er nicht. Für uns Christen dagegen ist eines ganz deutlich. Jesus Christus verkörpert „das Leben in Gottes Liebe hier auf dieser Welt." Wir ahnen vielleicht, dass damit zugleich das „ewige Leben" gemeint sein kann. Doch davon am nächsten Sonntag.
Wir fragen am Ende: „Wer ist Jesus?"
- Er verkörpert die Liebe Gottes in dieser Welt - bis hin zur Selbstaufopferung.
- Als Licht stellt er sich gegen Hoffnungslosigkeit, Zerstörung, Gewalt und auch gegen die schwarze Nacht in unserer Seele und die Finsternis in dieser Welt.
- Als Weg bringt er uns in Bewegung auf ein Ziel hin - jenseits dieser Welt. Das macht uns das Leben leicht - hier ist nicht alles am Ende - aber auch schwer - was kommt danach?
Im folgenden Lied singen und hören wir etwas zu diesem Weg. Es ist weit über 300 Jahre alt (Johann Scheffler, 1668) und gibt die Weltsicht der frommen Christen nach dem Dreißigjährigen Krieg wieder. Die Sprache ist manchem von uns fremd und ungewohnt.
Das Lied vor der Predigt aus den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts stammt aus Schweden (Anders Frostenson - 1972 - 1974). Diese Sprache ist uns vertrauter.
Dennoch gibt auch das folgende Lied die Botschaft Christi wieder - in einer anderen Zeit und an andere Christen. Lassen wir uns einladen auf seinen Weg!
Amen

Materialien
- "Stuttgarter Erklärungsbibel - Lutherübersetzung mit Einführung
und Erklärungen -"
Stuttgart. Deutsche Bibelgesellschaft.2.A. 1992, S. 1344; 1357 seit 2007 mit Apokryphen. 3.A.
- "Neue Jerusalemer Bibel. Einheitsübersetzung mit dem Kommentar der
Jerusalemer Bibel "
Neu bearbeitete und erweiterte Ausgabe. Deutsch herausgegeben von Alfons Deissler und Anton Vogtle in Verbindung mit Johannes Fl. Nützel Freiburg. Herder. 12.A. 1985. 2001. S. 1526 f, 1538
- Schulz, Siegfried
"Das Evangelium nach Johannes", übersetzt und erklärt
Göttingen. Vandenhoeck & Ruprecht. 14.A. 1978, S. 124 - 131; 184 - 187
Neues Testament Deutsch - NTD - Band 4
- "Assoziationen. Gedanken zu biblischen Texten", herausgegeben von
Walter Jens
Stuttgart. Radius Verlag. Band 3.1980
Fritz Sänger, S. 30 f; Heinrich Albertz, S. 39f
- Voigt, Gottfried
o "Der rechte Weinstock" Homiletische Auslegung der Predigttexte
Reihe III
Berlin. Evangelische Verlangsanstalt. 2.A. 1974, S. 42 - 47 o "Die geliebte Welt" Homiletische Auslegung der Predigttexte .
Neue Folge: Reihe III
Göttingen. Vandenhoeck & Ruprecht. 2.A. 1986, S. 51 - 57; 70 - 76

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen