Sonntag, 25. Januar 2009

Ämter in der Kirche

Gottesdienst 23.05.1994 Leverkusen-Manfort (Pfingstmontag)

EKG 105, 1,5-8 Zeuch ein zu deinen Toren
EKG 102, l -4 Freut euch ihr Christen alle ...
EKG 206, 1+2, 4+5 Preis, Lob und Dank sei Gott dem Herrn
EKG 208, 1-4 Ach bleib mit deiner Gnade

Jauchzet dem Herrn alle Welt!
Dienet dem Herrn mit Freuden, kommt vor sein Angesicht mit Frohlocken!
Erkennt, daß der Herr Gott ist!
Er hat uns gemacht und nicht wir selbst zu seinem Volk und zu Schafen seiner Weide.
Gehet zu seinen Toren ein mit Danken, zu seinen Vorhöfen mit Loben; danket ihm, lobet seinen Namen!
Denn der Herr ist freundlich, und seine Gnade währet ewig und seine Wahrheit für und für.
PS. 100

Kollektengebet
Allmächtiger Gott,
du hast deine Jünger mit dem Geist des Friedens beschenkt, den die Welt nicht geben kann. Wir bitten dich: erfülle alle, die an dich glauben, mit demselben Geist, daß sie Boten und Bringer des Friedens werden, - durch Jesus Christus, unsern Herrn.
nach Hintze "Kollektengebete" Berlin 1977S. 64 Nr. 3
Lesung
Wir hören das Evangelium zum heutigen Pfingstmontag nach Matthäus im 16. Kapitel
Da kam Jesus in die Gegend von Cäsarea Philippi und fragte seine Jünger und sprach: Wer sagen die Leute, daß der Menschensohn sei?
Sie sprachen: Einige sagen, du seist Johannes der Täufer, andere, du seist Elia, wieder andere, du seist Jeremia oder einer der Propheten.
Er fragte sie: Wer sagt denn ihr, daß ich sei?
Da antwortete Simon Petrus und sprach: Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn!
Und Jesus antwortete und sprach zu ihm: Selig bist du, Simon, Jonas Sohn, denn Fleisch und Blut haben dir das nicht offenbart, sondern mein Vater im Himmel.
Und ich sage dir auch: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen.
Ich will dir die Schlüssel des Himmelreichs geben: alles, was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel gelöst sein.
Mt. 16, 13-19
Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren Halleluja!
Predigt
Der Predigttext für Pfingstmontag steht in diesem Jahr im Brief an die Christen in Ephesus.
Man weiß nicht genau, wer ihn geschrieben hat - aber er ist im Gefängnis geschrieben worden. Der Verfasser will die Christen draußen in der Welt begleiten und ihnen helfen, den Weg zu Gott nicht zu verlieren.
Im ersten Teil des Briefes berichtet er über die Grundtatsachen des christlichen Glaubens. Im vierten Kapitel spricht er dann von der Einheit im Geist und der Vielfalt der Gaben. Er ermahnt die Christen, die Einigkeit im Geist zu wahren durch das Band des Friedens - ein Leib, ein Geist verbindet uns und ein Gott und Vater aller.
Dann fährt der Schreiber des Briefes mit den Versen des heutigen Predigttextes fort.
Und er hat einige als Apostel eingesetzt, einige als Propheten, einige als Evangelisten, einige als Hirten und Lehrer, damit die Heiligen zugerüstet werden zum Werk des Dienstes. Dadurch soll der Leib Christi erbaut werden, bis wir alle hingelangen zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zum vollendeten Mann, zum vollen Maß der Fülle Christi, damit wir nicht mehr unmündig seien und uns von jedem Wind einer Lehre bewegen und umhertreiben lassen durch trügerisches Spiel der Menschen, mit dem sie uns arglistig verführen. Laßt uns aber wahrhaftig sein in der Liebe und wachsen in allen Stücken zu dem hin, der das Haupt ist, Christus. (Eph. 4, 11-15) »
Lieber himmlischer Vater,
wie ist das möglich - wahrhaftig sein in der Liebe und wachsen zu dem hin, der das Haupt ist -
dein Sohn Christus?
Wir erleben auf dieser Erde und unter uns immer wieder von neuem, dass das daneben geht.
Hilf du uns.
Amen
„Gott hat Menschen verschiedene Aufgaben gegeben, damit die Heiligen zugerüstet werden zum Werk des Dienstes.“ (Eph. 4,11 f)
Damit wir, die Christen, die Menschen, die an Gott glauben, für den Dienst zugerüstet, das heißt vorbereitet werden, deshalb hat Gott bestimmte Aufgaben unter uns verteilt. Je nach unseren Gaben und Möglichkeiten können wir uns gegenseitig helfen auf dem Weg zu Gott.
Nichts anderes nämlich ist gemeint, wenn der Schreiber davon spricht, daß "der Leib Christi erbaut werde". Die Menschen, die in der Nachfolge Christi leben, erfüllen diese Erde bereits mit dem Geist der Liebe und Versöhnung. Niemand soll überfordert werden - und doch sollen wir in aller Vielfalt unserer Möglichkeiten den einen Weg zu Gott, die lebendige Liebe zwischen ihm und uns und deshalb untereinander hier in der Welt nicht verfehlen.
Wir alle gelangen dann zur Einheit des Glaubens und zur "Fülle Christi", das heißt, zur umfassenden Liebe, die niemanden und nichts ausschließt und sich ganz auf den einen Gott verläßt.
Das alles geschieht, damit wir nicht vom Winde hin und her bewegt werden, willenlos jedem Windhauch folgend und ausgeliefert jedem Wetterwechsel - oder schlimmer noch, damit wir nicht Teil des trügerischen Spiels der Menschen werden, die einander betrügen, um ihre Ziele zu erreichen. Teil dieses Spieles werden wir dann, wenn wir Opfer der Betrügereien, aktive Mitspieler oder auch nur ahnungslose Akteure sind.
Ein großer deutscher Philosoph, Immanuel Kant hat einmal aufgeschrieben, was er unter Unmündigkeit versteht. "Unmündigkeit", so schreibt er, "ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen" (1793). Ich wiederhole den Satz so, wie er ihn formuliert hat, weil die Überwindung der Unmündigkeit in unserer Zeit von besonderer Wichtigkeit ist. Wir müssen alle lernen, uns unseres Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen.
Vieles von dem, was an Gewalt, Terror und Lieblosigkeit in der Welt herrscht, hat damit zu tun, daß die Menschen unmündig sind - auf den verschiedensten Gebieten, in verschiedener Weise.
Ich will - auf unseren Text bezogen - den Satz so umformulieren: Wir alle müssen lernen, selbständig die Liebe Gottes in der Welt zu leben.
Das ist nicht einfach. Das kann keiner für sich. Das gelingt nur in der Gemeinschaft derer, die auf diesem Weg sind.
Solange wir das aber nicht selbständig erkennen und erfahren können, solange uns die Kraft fehlt, selbständig zu handeln - so lange sind wir angewiesen auf die verschiedenen Dienste unter uns. Später dann haben wir selbst Teil an diesem Dienst, den wir gemeinsam in dieser Welt tun.
„Laßt uns aber wahrhaftig sein in der Liebe und wachsen in allen Stücken zu. dem hin, der das Haupt ist, Christus.“ (Eph. 4, 15)
Das ist das Ziel unserer Mühen als Christen in dieser Welt - wahrhaftig sein in der Liebe und dadurch in allen Stücken auf Christus hin wachsen. Auf der Grundlage wahrhaftiger Liebe können wir wachsen - nicht als Experten auf diesem oder jenem Gebiet, so wie uns die Aufgaben zugeteilt werden, nein, "in allen Stücken", als ganze Menschen Christus näher kommen.
Das Ziel des Christenlebens ist nicht ein Zustand sondern Bewegung: Wachstum. Christsein - das heißt nicht, am Ziel sein, sondern ständig auf dem Weg, immer von neuem bedroht - wie jedes Leben auf dieser Erde - und dennoch auf sicherem Boden stehend und Christus vor uns, der nicht von dieser Welt ist, sondern das Haupt.
Wissen wir jetzt mehr?
Sie wissen, daß wir im vergangenen Jahr Pfarrer Berghaus gewählt und in sein Amt eingeführt haben. Das Presbyterium hat in diesen Tagen beschlossen, einen nebenberuflichen Kirchenmusiker einzustellen. Näheres erfahren Sie noch, teils über Abkündigungen, teils über den nächsten Gemeindebrief im Herbst.

Neben diesen beiden für diese Aufgabe ausgebildeten Kräften arbeiten seit Jahren Gemeindeglieder, die predigen, die Sakramente verwalten und die Orgel spielen, ohne dazu ausgebildet zu sein. Sie wurden für einen bestimmten Teildienst zugerüstet. Sind sie jetzt überflüssig oder sollten wir das Geld für die ausgebildeten Kräfte sparen?

Hier werden leicht die unterschiedlichen Aufgaben miteinander verwechselt. Die hauptamt-
lichen Kräfte sind eingeführt in die Geschichte und Vielfalt der Glaubenszeugnisse unserer
Kirche und im Umgang mit uns, den Gemeindegliedern. Sie haben die Schlüssel, um uns diese
reiche Vielfalt aufzuschließen und erfahren zu lassen, wie Gott sich uns gegenüber in seiner
Liebe gezeigt hat. Das gilt auch für die Reichhaltigkeit der Kirchenmusik. Die ausgebildeten
Kräfte in unserer Gemeinde helfen uns auf dem Weg, unsere ganz persönliche Unmündigkeit
zu überwinden.
Die ehrenamtlichen Kräfte, die andere Berufe erlernt haben, zeigen uns, wie wir als Laien mit den Zeugnissen des Glaubens umgehen können, ganz sicher unvollkommen, aber auf die eigene Weise geprägt von Beruf und Lebenserfahrung, von Welterkenntnis und Glaubensleben. Das sind ihre Schlüssel. Sie sind ein eigener Akzent des lebendigen Wortes unseres Gottes in dieser Welt - ein Akzent, der von der Vergangenheit geprägt, in der Gegenwart gelebt und in der Hoffnung auf die Zukunft hin verkündet wird.
Wir brauchen beide - die ausgebildeten Mitarbeiter und diejenigen, die unsere Kirche mit einer Aufgabe betraut, gerade weil sie einen anderen Beruf erlernt haben, aber für diese kirchliche Aufgabe besonders geeignet sind.

Wahrhaftig in der Liebe, so sollen wir sein. Um dieser Wahrhaftigkeit willen will ich einen Satz aufgreifen, den ich in der vergangenen Woche gehört habe "Pfarrer Szyska hat das Geld zusammengetragen und beisammengehalten. Pfarrer Berghaus gibt es aus." Das stimmt nicht. Die wichtigsten Ausgabenposten dieses Jahres waren bereits festgelegt, bevor Pfarrer Berghaus seinen Dienst antrat.
Das Presbyterium hat die Geldausgaben der, Jahre 1993 und 1994 beschlossen und die meisten davon habe ich ihm vorgeschlagen. Wenn jemand Namen sucht, dann ist das in diesem Zusammenhang Pfarrer Szyska - Böhme.

Wir können im Nachgespräch vielleicht darauf zurückkommen.
Wir finden zurück zu unserem Text. Der Schreiber des Briefes an die Christen in Ephesus weist hin auf die Vielfalt der Gaben.
Auch unsere Kirchengemeinde ist auf diese Vielfalt angewiesen - unter einfachen Gemeindegliedern oder auch jenen, die sich zu bestimmten Aufgaben bereitfinden.
Wer immer auch etwas tut - wir bleiben alle gemeinsam angewiesen auf den einen Gott der Liebe, der uns trägt und auf seinen Geist, der uns beseelt:
Laßt uns aber wahrhaftig sein in der Liebe und wachsen in allen Stücken zu dem hin, der das Haupt ist: Christus. (Eph. 4,15)
Amen

Prediger: Böhme, Leverkusen-Manfort

Materialien
Conzelmann, Hans
"Der Brief an die Epheser" in "Die Briefe an die Golater, Epheser, Philipper, Kolosser,
Thessalonicher und Philemon"
Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht, 15. A. 1981, S. 106-111, NTD Bd. 8
Kant, Immanuel
"Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?" (1973)
Darmstadt, 2. A. 1968, Band. 9 der "Werke", S. 53

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